Herausforderungen im demografischen Wandel
Der Handwerksbetrieb aus Gersthofen, der seit 1984 auf Kälte- und Klimatechnik spezialisiert ist, hat sich im Laufe der Jahre stark weiterentwickelt. Mit einem Team von 26 Mitarbeitenden hat sich nicht nur die Anzahl der Beschäftigten erhöht, sondern auch das erforderliche Fachwissen vervielfacht. Abhängig vom Hersteller, dem Einsatzumfeld oder auch der Größe des Kühlsystems variieren die Anforderungen an Montage und Wartung. Vor allem jüngere Mitarbeitende setzen dabei auf das wertvolle Wissen und die Erfahrung der älteren Kolleg:innen und greifen schnell zum Telefon. Insbesondere da sich die ältere Generation allmählich in den Ruhestand begibt, stellen diese Entwicklungen das Unternehmen vor neue Herausforderungen. So ist der Wunsch nach der Implementierung eines Chatbots entstanden. Er soll eine zukunftsfähige Lösung sein, welche den Wissensaustausch fördert und den Mitarbeitenden jederzeit zur Verfügung steht.
Welche Vorteile die Digitalisierung der Unternehmensprozesse mit sich bringt, haben die beiden Geschäftsführer, Dominik Wildner und Dominik Stark, bereits erkannt. In den letzten Jahren haben sie eine breite Systemlandschaft aufgebaut, die die Abläufe in verschiedenen Abteilungen unterstützt. So nutzen sie nicht nur handelsübliche Cloud-Lösungen für die Ablage von Bedienungs- und Montageanleitungen, sondern beispielsweise auch ein Ticket-System für die Personaleinsatzplanung, ein CRM-System für das Kundendatenmanagement oder ein ERP-System. Doch die Geschäftsführer möchten mehr – sie wollen „den KI-Zug nicht verpassen“ und haben sich Unterstützung aus dem Mittelstand-Digital Zentrum Augsburg geholt.
Vom Wunsch zur Realität – eine Roadmap
Die Mittelstand-Digital Expertin Saskia Hutschenreiter und der Mittestand-Digital KI-Trainer Sebastian Maier haben im Unternehmen eine Potenzialanalyse durchgeführt und dabei einen tiefen Blick in die Systemlandschaft des Betriebs geworfen. Sie fokussierten sich dabei vor allem auf die wichtigste Anforderung eines Chatbots: eine passende Datengrundlage. Hier mussten die Expert:innen die beiden Geschäftsführer auf den Boden der Tatsachen zurückbringen. Aktuell liegen die Daten über verschiedene Systeme verteilt und es besteht für die Monteur:innen keine einheitliche Dokumentationspflicht, wie sie beispielsweise beim Beheben von Fehlern in der Montage sinnvoll wäre, um bei einem erneuten Auftreten des Problems direkt eine Lösung parat zu haben. So haben die Expert:innen basierend auf ihren Erkenntnissen in mehreren Gesprächen im Betrieb vor Ort und online aufgezeigt, wie eine geeignete Roadmap auf dem Weg in ein smarteres Wissensmanagement aussehen kann. Ziel ist es, zunächst eine geeignete Datenschnittstelle zu schaffen, anschließend eine zentrale Datenbank aufzubauen und so schlussendlich ein KI-System aufzusetzen, auf welchem der Chatbot aufbauen kann.
Der erste Schritt (Schaffen der Datenschnittstelle) bildet die Grundlage für die Integration der verschiedenen Systeme und Dateiablagen. Hierbei werden die bestehenden Datenquellen analysiert, um herauszufinden, welche Daten für den Anwendungsfall überhaupt von Bedeutung sind. Außerdem muss geprüft werden, welche Schnittstellen schon zur Verfügung stehen, um hier Mehraufwand zu vermeiden. Auch Implementierungsdauer und -kosten gilt es abzuwägen.
Im zweiten Schritt (Aufbau der zentralen Datenbank) wird die zentrale Datenbank eingerichtet. Hier boten die Expert:innen zwei Ansätze zur Auswahl an: relationale oder graphbasierte Datenbanken. Während relationale Systeme gut für komplexe Filterungen oder Datenaggregationen geeignet sind (z. B. „Liste mir alle Hersteller und deren Preislisten für Kühlanhänger auf.“), bieten graphbasierte Lösungen intuitivere Möglichkeiten, um zusammenhängende Informationen zu suchen (z. B. „Wie haben wir den Fehler mit dem Code A237 im letzten halben Jahr an diesem Kühlanhänger gelöst?“).
Der letzte Schritt (Aufsetzen des KI-Systems) umfasst die Implementierung eines Retrieval Augmented Generation (RAG)-Systems. Dieses innovative, aktuell stark beforschte, KI-System nutzt die zentrale Datenbank, um schnell und präzise Antworten auf technische Fragen der Monteur:innen zu liefern. Durch die Kombination der Datenbankabfragen mit einem großen Sprachmodell (Large Language Model) können die Monteur:innen innerhalb weniger Sekunden die benötigten Informationen abrufen.
Die Umsetzung der Roadmap hält zukünftig also nicht nur das Wissen im Unternehmen, sondern steigert auch die Effizienz der Arbeit. Die Monteur:innen können schneller auf technische Herausforderungen reagieren und wertvolle Zeit sparen. Außerdem sammelt GBS Kühlanlagen so erste Erfahrungen im Aufsetzen von KI-Projekten und baut sich eine gute Basis für zukünftige Vorhaben auf. Erweitert man die Datengrundlage beispielsweise um die durchschnittlichen Lieferzeiten des eingesetzten Materials, kann die Lösung auch in der Arbeitsvorbereitung unterstützen.
Umsetzung der ersten Schritte
Direkt im Anschluss an die Ergebnispräsentation der Potenzialanalyse sind die beiden Geschäftsführer in den Austausch mit einem möglichen Lösungsanbieter gegangen. Gemeinsam planen sie die Umsetzung der ersten Schritte der Roadmap. Auch über das Wissensmanagement im Montage- und Wartungsalltag hinaus, sieht GBS Kühlanlagen für sich einen großen Mehrwert durch die Einführung von Künstlicher Intelligenz. Weitere Ideen beziehen sich beispielsweise auf den Erstkontakt mit Kunden. Hier könnte, wenn mal wieder Not am Mann oder der Frau ist, ein sprechender Chatbot gezielt die erforderlichen Eckdaten abfragen und eine Zusammenfassung an das Service-Team senden.