Wie können Kisten gezählt und nachverfolgt werden?
Vor Ort und in Gesprächen mit den Mitarbeitenden machten sich die Mittelstand 4.0-Experten von der Technischen Universität München, Johannes Zeiler und Christian Looschen, ein erstes Bild von den internen Abläufen der Lebensmittelverteilung an Bedürftige. Um den Verlust der Transportkisten zu minimieren, müssen diese gezählt und nachverfolgt bzw. einer Verteilstelle oder einer Fahrerin oder einem Fahrer zugeordnet werden. Hier gibt es unterschiedliche digitale Lösungsansätze – eine besonders Vielversprechende: Die Identifizierung mittels RFID. Über elektromagnetische Wellen werden hier an den Kisten angebrachte Transponder bzw. Tags über eine Antenne automatisch ausgelesen und identifiziert. Beim Rücktransport fehlende Kisten werden automatisch vom System erkannt.
Doch funktioniert die Technologie überhaupt in der Logistik der Tafel?
Das Team der Münchner Tafel rund um Frau Schuster-Fuchs hatte RFID zwar als technische Lösung bereits vorab recherchiert, wusste jedoch nicht, ob der Einsatz auch technisch möglich und rentabel ist. Um das fehlerfreie Funktionieren der RFID-Technologie sicherzustellen, müssen einige Einflussfaktoren beachtet werden: “Entscheidend für die Auswahl ist zum Beispiel, wie oft der Tag gelesen wird, wie weit man maximal an der Antenne vorbeilaufen kann und welche Materialien sich in der näheren Umgebung befinden” erklärt Christian Looschen. Letztlich spielen auch die Kosten im Verhältnis zu den erwarteten Einsparungen eine Rolle bei der Entscheidung.
Um die technische Machbarkeit in Experimenten zu überprüfen, nahmen die beiden Experten ein paar Kisten mit in die Versuchshalle der Universität. Dort wurde mit fünf Tag-Fabrikaten getestet, wo die Tags platziert werden müssen – in diesem Fall außen an den Kisten –, um von der Antenne möglichst gut erkannt zu werden und gleichzeitig einer regelmäßigen Reinigung durch die Mitarbeitenden und häufigem Anstoßen standzuhalten. Auch die maximale Transportgeschwindigkeit an der Antenne vorbei, die richtige Höhe der Antenne und wie sich das Stapeln und Befüllen der Kisten auf die Lesewahrscheinlichkeit auswirkt, wurden getestet.
Im Laufe der Messreihen fiel auf, dass die Konsistenz der verschiedenen Lebensmittel die RFID-Strahlung unterschiedlich stark beeinflusst. So funktionierten die Tags beispielsweise bei Wasser besser als bei Joghurt, da letzterer die Strahlung stärker absorbiert. Um diese Effekte auszugleichen, wäre eine größere Anzahl an Antennen nötig. Nach Abwägung der Messergebnisse stand fest, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die gemeinnützige Institution nicht ausgewogen ist: “RFID hätte zwar funktioniert, allerdings nur mit einem hohen Aufwand und hohen Investmentkosten. Daraufhin haben wir der Tafel davon abgeraten”, berichtet Johannes Zeiler vom Kompetenzzentrum Augsburg. Dank der ehrenamtlichen Mitarbeitenden verfügt die Tafel zwar über Manpower, jedoch nur über wenige finanzielle Mittel für eine solche Anschaffung.
Ein alternativer Lösungsansatz: eine Logistik-App für die Mitarbeitenden
Als Alternativlösung schlugen die Experten die Entwicklung einer individuellen Logistik-App vor. Über die App tragen die Fahrer*innen ein, wie viele Kisten sie zu welchem Zeitpunkt verluden und wo diese hingebracht wurden. Mitarbeitende im Lager tragen später die zurückgebrachten Kisten ein. Fehlende Kisten fallen so direkt auf und können gesucht und nachgeliefert werden. Durch eine solche App können Verluste künftig stärker vermieden werden – zwar ohne automatisches Einlesen, dafür ohne große und teure Hardware-Anschaffungen. Die App soll von ehrenamtlichen Studierenden entwickelt werden, um auch hier Kosten einzusparen. Die Experten vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg unterstützen bei den nächsten Schritten zur erfolgreichen App-Einführung, wie den Testläufen und Schulungen der Mitarbeitenden.
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