Digitale Kapazitätsplanung und Auftragsabwicklung im Handwerksbetrieb

Die Schreinerei Ziegler & Karg GmbH mit acht Mitarbeitenden und Sitz in Gablingen bei Augsburg plant und produziert Küchen sowie Möbel und ist in Sachen Digitalisierung bereits recht weit: Mit selbst entwickelten Tools werden Kapazitätsplanung und Materialbeschaffung erledigt, ein CRM-Tool sowie Social-Media-Kanäle unterstützen die Kundenakquise und ein ERP-System begleitet die Auftragsabwicklung und Rechnungsstellung. Dennoch bestehen noch Herausforderungen in Bereichen wie der Materialwirtschaft und Montage-Terminplanung der Schreinerinnen und Schreiner. Hier setzt die Potenzialanalyse mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Augsburg an und zeigt, welche digitalen Lösungen es speziell für Anforderungen aus dem Handwerk gibt.

Der Geschäftsführer Florian Weishaupt weiß um die Vorteile von Digitalisierung für das Handwerk und treibt das Thema bereits seit einigen Jahren stetig voran. Über einen Podcast wurde er auf die Förderinitiative Mittelstand-Digital aufmerksam und bewarb sich für eine Potenzialanalyse in Augsburg – einmal, um sich Feedback zu bisherigen Digitalisierungsprojekten zu holen und außerdem, um Inspiration für weitere sinnvolle Lösungen zu erhalten. In mehreren Gesprächen vor Ort und online ging das Team mit den Mittelstand-Digital Expert:innen Annemarie Raber und Mario Luber vom Fraunhofer IGCV sämtliche Prozesse entlang der Auftragsabwicklung von der Kundenakquise bis zu Montage und Service durch. Dabei wurden die bereits geschaffenen Vorteile den noch ausschöpfbaren Potenzialen gegenübergestellt.

Das Projektteam mit Geschäftsführer Florian Weishaupt (links)

Mit dem ERP-System werden aktuell Kundendaten erfasst sowie Angebote, Nachkalkulationen und Rechnungen erstellt. Über die zugehörige App bzw. Browser-Version erfassen Mitarbeitende ihre Arbeitszeiten über ihre privaten Smartphones und nutzen dort auch die Kalenderfunktion. Auf die Mitarbeitendenkalender wird zugegriffen, wenn es an die Kapazitäts- und Montageterminplanung geht. Die Kapazitätsgrobplanung für die Projekte und Termine geschieht allerdings über ein vom Geschäftsführer in einem gängigen Tabellen-Kalkulationsprogramm selbst entwickeltes Tool. Die Feinplanung folgt durch ein Nebeneinanderlegen aller Kalender in der eingesetzten ERP-Lösung, was schnell unübersichtlich und damit recht aufwändig ist. Zudem kommt es zu Synchronisationsproblemen mit den privaten Smartphones und Verzögerungen, was die Termindurchführung für die Schreinerinnen und Schreiner erschwert.

In den selbstentwickelten Lösungen werden neben der Kapazitätsplanung auch andere Bereiche abgedeckt: Es gibt eine Übersicht über den Lagerbestand von hochpreisigen Elektroartikeln und über das Tool wird sogar die Materialbeschaffung abgewickelt: Für Individualmöbel werden Infos aus der CAD-Konstruktionssoftware gezogen und über Makros automatisiert E-Mails an Lieferanten ausgeleitet, die die passende Teilebestellung enthalten.

Herausforderungen durch selbstentwickelte Tools

Auch wenn schon viel mit den selbsterstellten Lösungen abgedeckt werden kann, gibt es einige Nachteile, die mit Blick in die Zukunft nicht unerheblich sind: Bei größeren Datenmengen hängt sich das Programm gelegentlich auf. Der Aufwand für Makro-Programmierung, Pflege des Programms und Betreuung der Anwendenden ist hoch und die Expertise liegt komplett bei einer Person. Schnittstellen zu anderen Programmen sind begrenzt, es gibt keine Berechtigungsverwaltung und eine parallele Nutzung mehrerer Mitarbeitender ist aktuell nicht möglich. Hinzu kommen weitere limitierende Faktoren wie der fehlende Schutz vor Falscheingaben, mögliche Datei-Überschreibungen (und damit Datenverluste) und ggf. mit der Zeit hohe verknüpfte Datenmengen. Die Arbeit der Erstellung war allerdings keinesfalls umsonst: Die Konzepte dahinter wurden über Jahre ausgetüftelt und bieten damit die ideale Grundlage, um einen passenden Softwareanbieter zu finden, denn Florian Weishaupt weiß genau, welche Funktionen nötig sind.

Was ist also noch ausbaufähig? Eine übersichtliche Kalenderlösung mit Schnittstelle zu einer Grob- und Fein-Kapazitätsplanung würde die Prozesse erheblich erleichtern. Eine digitale Plantafel mit allen Kalendern und offenen Aufträgen in einer Übersicht, die sich dann einfach per Drag & Drop zusammenführen lassen, wäre eine mögliche technische Lösung. Auch für das Küchenplanungs- und Konstruktionsprogramm bietet sich eine Schnittstelle zum ERP-System an, um Stücklisten und Materialkosten dort zu bündeln und hier dann auch die Materialbeschaffung abzuwickeln. Ergänzend dazu bietet sich an, nach dem Kanban-Prinzip Bedarfe nach Schüttgut bzw. Verbrauchsmaterialien durch Bar- oder QR-Codes auf den Kanban-Karten rückzumelden und dadurch Transparenz über den Beschaffungsstatus für alle zu schaffen.

Insgesamt lassen sich über einen Ausbau des ERP-Systems sowie Schnittstellen zu weiteren Softwarelösungen noch einige Verbesserungen in der gesamten Auftragsabwicklung erreichen. Hier stellt sich nun die Frage, ob das bisherige System überhaupt entsprechend ausgebaut werden kann oder eine andere Lösung vom Markt vielversprechender ist. Dann wiederum muss der Einführungsaufwand den aktuellen Problemen und dem erwarteten Nutzen gegenübergestellt werden.

Die passende Lösung auf dem Markt finden

Wenn feststeht, welche Funktionen benötigt werden, hilft zum Beispiel die Plattform www.digitalmeistern.de des Mittelstand-Digital Zentrums Handwerk. Hier findet sich eine Übersicht über Software speziell für das Handwerk. Über Kategorien und Fragebögen wird man zu möglichen Anbietern geleitet, die im Nachgang kontaktiert werden können. Wichtig dafür ist, eine möglichst genaue Anforderungsliste in die Gespräche mitzubringen, um auch wirklich die passende Software zu finden.

Florian Weishaupt beginnt nun mit der Verbesserung der Kapazitätsplanung, da der Schuh hier aktuell am meisten drückt. Danach wird er sich mit der Frage nach einem neuen ERP-System genauer auseinandersetzen, also in erster Linie abwägen, welche Funktionen nicht länger von der eigens entwickelten Lösung getragen werden können und wann sich der Umstieg lohnen würde.

Bildnachweis Titelbild: © Stefan Winterstetter

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