Standardisierter Datenaustausch in der Produktion bei der THI

Die Lab-Tour bei der Technischen Hochschule Ingolstadt am 05. Dezember 2019 brachte den Teilnehmern sowohl theoretische Grundlagen als auch einen praktischen Einblick in Informationsmodellierung mittels OPC UA.

„Wer hat sich schon einmal mit OPC UA befasst?“, bei der Frage von Professor Daniel Großmann zu Beginn der Lab-Tour in der Technischen Hochschule Ingolstadt gingen die Hände der meisten Teilnehmer nach oben. Bei der Frage, wer schon konkret OPC UA im Unternehmen anwendet, gab es dann nur einige vereinzelte Meldungen im Plenum.

Wozu OPC UA?

Prof. Dr. Daniel Großmann von der TH Ingolstadt startete bei der Lab-Tour des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg seinen Vortrag mit einer grundlegenden Einführung darüber, was OPC UA als Technologie überhaupt notwendig macht – nämlich das Ziel des vereinfachten und weltweit standardisierten Austauschs von Daten zwischen Sensoren/Aktoren, Maschinensteuerungen, Produktionssteuerungen oder auch ganzer Produktionslinien.

Die Maschine als Burg

Dabei nutzte der Professor eine Analogie zu einer Burg: Die Maschine wird als Burg gesehen. Die Daten sind dabei der Schatz. Der Zugriff auf diese Daten ist durch eine Vielzahl von Mechanismen, wie nicht standardisierte Protokolle oder unzureichend dokumentierte Datenstrukturen, erschwert. OPC UA definiert eine Standardschnittstelle für den Zugriff auf Daten von Geräten, Steuerungen und Maschinen – bei der Burg wäre dies also die Zugbrücke, die passiert werden muss, um ins Innere zu gelangen. Für die Orientierung in der Burg benötigt man weiterhin eine Karte, die den Ort des Schatzes und den Weg dahin angibt. In der Sprache von OPC UA entspricht diese Karte dem sogenannten Informationsmodell, im Englischen „Companion Specification“. Ein solches Informationsmodell beschreibt die Dateninhalte, die Struktur und die Bedeutung von Dateninhalten (Semantik).

Begrifflichkeiten bei der Informationsmodellierung anhand eines Beispiels

Jedes Informationsmodell, das Daten strukturiert und interpretiert, greift dabei auf vordefinierte Begrifflichkeiten zurück. So spricht man bei OPC UA u. a. von Objekten, Relationen, Variablen, Typisierung und Vererbung. Prof. Dr. Großmann erklärte diese Begriffe am Beispiel eines Bestellsystems:

Eine Person hat viele Eigenschaften, wie z. B. einen Namen. Da alle Personen einen Namen haben, kann man dies allgemeingültig formulieren. Hierfür verwendet man in OPC UA Typen. Personen wären in OPC UA ein Objekttyp. Der Name einer Person wird durch die Variable Name beschrieben. Eine Relation, z. B. hatName, ordnet die Variable dem Objekttyp zu. In OPC UA würde man also sagen: Der Objekttyp Personen hat eine Relation hatName zur Variablen Name. Eine konkrete Person entspräche dann einem Objekt vom Objekttyp Personen. Diese Person hat einen Namen, z. B. Max Mustermann. Dieser wäre in der Variablen Name hinterlegt, welches dem Objekt durch die Relation hatName zugeordnet ist.
In einem Bestellsystem gibt es Kunden. Kunden sind Personen mit der zusätzlichen Eigenschaft einer Kundennummer. Daher muss der Objekttyp Personen erweitert werden. Das erreicht man in OPC UA durch die sogenannte Vererbung. Dieses Konzept stammt aus der objektorientierten Softwareprogrammierung. Der Objekttyp Kunden erbt vom Objekttyp Personen alle Eigenschaften und kann eigene Eigenschaften, wie in diesem Fall die Kundennummer, hinzufügen. Die Kundennummer ist wie auch der Name eine Variable, die über eine Relation dem Objekttyp zugeordnet ist. Ein fiktiver Kunde namens Max Mustermann mit der Kundennummer 123 entspräche dann einem Objekt vom Objekttyp Kunden mit der vom Objekttyp Personen geerbten Variable Name, Max Mustermann, und der Variable Kundennummer, 123.

Domänenübergreifende Informationsvermittlung mittels Vererbung

Durch das Konzept der Vererbung wird in OPC UA sichergestellt, dass auch herstellerübergreifend domänenbekanntes Grundwissen modelliert ist. Allgemeingültige Informationen, die für alle Maschinen einer Domäne gültig sind, werden in domänenspezifischen Informationsmodellen beschrieben. Herstellerspezifische Informationen zu einzelnen Maschinen werden in eigenen Informationsmodellen spezifiziert, die von den allgemeingültigen Informationsmodellen vererbt sind.

Im Anschluss an die Präsentation zeigte Herr Sebastian Schmied von der TH Ingolstadt im Labor, wie die Anbindung einer Fräsmaschine mittels OPC UA in der Praxis aussehen kann und erklärte die einzelnen Arbeitsschritte im Detail. Die zahlreichen Fragen und die positive Resonanz der Teilnehmer zeigten die große Relevanz des behandelten Themas für mittelständische Unternehmen.