Europas Green Deal für nachhaltige Finanzierung – was gilt es zu beachten?

Die Bedeutung der Nachhaltigkeit für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nimmt aufgrund globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel zu. Nachhaltige Geschäftspraktiken können nicht nur ökologische Vorteile bringen, sondern auch Kosten senken. KMU müssen sich angesichts rechtlicher Neuerungen wie dem European Green Deal mit nachhaltigen Finanzpraktiken auseinandersetzen und Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG-Faktoren) in ihre Prozesse integrieren. In diesem Kontext wird beleuchtet, was kleine und mittlere Unternehmen beachten müssen.

Nachhaltige Finanzierung – Herausforderung für KMU

Der Green Deal, Europas ehrgeiziges Nachhaltigkeitsprojekt, nimmt immer konkretere Formen an.[1] Besonders wichtig ist dabei das Konzept des Sustainable Finance, das darauf abzielt, Finanzströme und Investitionen nachhaltiger zu gestalten. Durch den Green Deal strebt die Europäische Union (EU) eine umfassende Transformation der europäischen Wirtschaft an, um Umweltschutz, den Stopp des Klimawandels, faire Arbeitsbedingungen und die Durchsetzung der Menschenrechte zu fördern. Sogenannte Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG-Faktoren) dienen als Leitprinzipien und Bewertungskriterien, die in verschiedenen rechtlichen Instrumenten zur Umsetzung des Green Deals integriert sind. Dabei setzt die EU vor allem auf drei regulatorische Maßnahmen, um Kapital in nachhaltige Projekte zu lenken: die EU-Taxonomie, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Während einige dieser Vorschriften bereits für Banken, Finanzvermittler und Großunternehmen gelten, sollen bald auch größere Mittelständler und schließlich kleine und mittlere Unternehmen die neuen Vorschriften umsetzen müssen. Was bedeutet das insbesondere für KMU?

Rolle der EU-Taxonomie auf dem Weg zur grünen Wirtschaft

Kurz gesagt: Die EU plant, finanzielle Mittel künftig unter Berücksichtigung ihrer Nachhaltigkeitsziele zu vergeben. Das bedeutet, dass Projekte, die diesen Zielen nicht entsprechen, entweder gar nicht oder zu weniger vorteilhaften Konditionen finanziert werden. Dies soll zu einem grüneren Kredit- und Kapitalmarkt führen. Unternehmen stehen vor der Herausforderung festzustellen, wann ihre Geschäfts- oder Investitionsvorhaben als nachhaltig gemäß den Vorgaben der EU und der Bundesregierung gelten und wie dies dokumentiert werden kann. Hierbei spielt die EU-Taxonomie eine zentrale Rolle, indem sie wirtschaftliche Aktivitäten identifiziert, die als nachhaltig betrachtet werden können, und sich an sechs definierten Nachhaltigkeitszielen orientiert:

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zur Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung von Umweltverschmutzung sowie
  • Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.[2]

Bislang sind vor allem die Ziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel ausgearbeitet, während die anderen sukzessive folgen sollen. Eine wirtschaftliche Tätigkeit wird als nachhaltig gemäß der Taxonomie betrachtet, wenn sie wesentlich zu mindestens einem der sechs Ziele beiträgt, keine erheblichen Schäden an anderen Zielen verursacht und soziale Mindeststandards einhält.

Wenn ein KMU beispielsweise seine Verpackungen auf umweltfreundliche Materialien umstellt, seine Lieferkette auf faire Arbeitsbedingungen prüft oder erneuerbare Energien in seinen Betrieb integriert, könnte dies als nachhaltige Maßnahme gemäß der Taxonomie betrachtet werden. Um jedoch einen Mehrwert daraus zu ziehen, ist es wichtig, Kund:innen und Investor:innen über diese Maßnahmen zu informieren. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für Unternehmen und die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) für Finanzdienstleister und Investmentgesellschaften legen fest, wie über solche Initiativen berichtet werden soll. Im Wesentlichen erfordern sie einen nichtfinanziellen Bericht, der neben dem Geschäftsbericht Details wie Klimaschutzaktivitäten und ihre quantitativen Auswirkungen enthält.

EFRAG-Initiative – freiwilliger KMU-Standard für nachhaltige Berichterstattung

Die SFDR ist bereits in Kraft und zielt darauf ab, die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten wie Investmentfonds transparent zu machen. Dies hat dazu geführt, dass sowohl Investmentgesellschaften als auch Verbraucher:innen vermehrt auf nachhaltige Investitionen setzen. KMU stehen jedoch noch vor Herausforderungen. Die CSRD-Vorschriften der EU müssen bis Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden.[3] Dann wird voraussichtlich die Anzahl der Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen müssen, von derzeit 500 kapitalmarktorientierten Unternehmen auf 15.000 steigen, schätzt die Deutsche Industrie- und Handelskammer – und wird damit auch den deutschen Mittelstand betreffen.[4] Zunächst sind kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Betriebe von der Berichtspflicht betroffen, später dann auch kleinere, nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die die Europäische Kommission bei der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstandards unterstützt, nun einen Entwurf für einen freiwilligen KMU-Standard (Voluntary SME Standard) vorgestellt.[5] Dieser Standard soll es KMU ermöglichen, Anfragen nach ESG-Informationen von größeren Unternehmen oder Finanzinstitutionen einheitlich zu beantworten. Der Erfolg dieses Standards hängt von der Selbstverpflichtung der größeren Marktteilnehmer ab. Eine Konsultation zum Voluntary SME Standard wird im Januar stattfinden, wobei die endgültigen Standards voraussichtlich bis Ende 2024 fertiggestellt sein werden und als Empfehlung veröffentlicht werden, um sich im Markt zu etablieren.

 

[1] https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Fokusrisiken/Fokusrisiken_2024/RIF_Trend_2_Nachhaltigkeit/RIF_Trend_2_Nachhaltigkeit_node.html
[2] https://www.bmuv.de/faqs/taxonomie-und-die-rechtliche-grundlage
[3] https://www.csr-in-deutschland.de/DE/CSR-Allgemein/CSR-Politik/CSR-in-der-EU/Corporate-Sustainability-Reporting-Directive/corporate-sustainability-reporting-directive-art.html
[4] https://www.dihk.de/de/ueber-uns/die-ihk-organisation/neue-nachhaltigkeitsberichterstattung-93090
[5] https://www.haufe.de/sustainability/strategie/konsultationsentwuerfe-esrs-kmu-veroeffentlicht_575772_614368.html